Fränkische Landeszeitung, 16. September 2011

Warten bis der Arzt kommt. Fachtagung der Feuerbachakademie Ansbach zeigte Lösungsmöglichkeiten auf

Ansbach (cc) – Das Flächenland Bayern ist nicht so gut mit Ärzten versorgt, wie es auf den ersten Blick scheint. Das hat Gesundheits-Staatssekretärin Melanie Huml bei der dritten Ärztetagung der Feuerbachakademie Ansbach eingeräumt. Sie werde sich für einen Neuzuschnitt der Planungsbereiche einsetzen, damit deutlicher wird, „dass das Land weniger gut versorgt ist als die Stadt", sagte Huml. Auf dieser Grundlage sollten dann Anreize für Mediziner geschaffen werden, eine Praxis im ländlichen Raum zu eröffnen.

Die Frage, wie die ärztliche Versorgung flächendeckend sichergestellt und rentabel ausgestaltet werden kann, lochte rund 50 Mediziner ins Ansbacher Bezirksrathaus. Dass Ärzte immer älter und weniger werden, die Patienten aber immer mehr, bereitet der Staatsregierung Kopfzerbrechen. Bei zwölf Jahren Studium und Facharzt-Ausbildung „müssten wir eigentlich schon diejenigen begeistern, die heute ihr Studium beginnen", meinte Staatssekretärin Huml. Mit blick auf das Versorgungsstrukturgesetz, das 2012 in Kraft treten soll, versprach Huml, Bayern „kleinräumiger anzuschauen". Zum Beispiel solle künftig kein Arztsitz auf dem Land mehr aufgegeben werden können, wenn dafür ein weiterer im ohnehin gut versorgten Stadtgebiet entstehe. Zudem stellte die Staatsekretärin finanzielle Anreize und Möglichkeiten zur beruflichen Entlastung in Aussicht, damit sich Mediziner dort niederlassen, wo sie gebraucht werden.

vor allem mit ihrer Ankündigung, ein Arzt solle künftig nicht mehr zwingend dort wohnen müssen, wo er arbeitet, stieß Huml auf Widerspruch bei den Medizinern. Dr. Wilhelm Wechsler (Spalt ) vom ärztlichen Kreisverband Südfranken wendete ein, dass dann zum Beispiel bei Notdiensten mehr Arbeit für die Kollegen anfalle, „di noch da sind". Generell meinte Wechsler zur Nachfolgersuche bei Ärzten auf dem Land: „Wenn man eine gut laufende Praxis wie sauer Bier am Markt anbieten muss, dann stimmt strukturell etwas nicht – und bei der Bezahlung."

Dass Mediziner neue Wege finden können, um flächendeckend und gleichzeitig rentabel arbeiten zu können, verdeutlichte Dr. Thomas Bahr. Der Bruder von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr ist Geschäftsführer der Unternehmen Gesundheit Oberpfalz Mitte (UGOM), einem Netzwerk aus Krankenhäusern, Fach- und Hausärzten in Amberg und dem Landkreis Amberg-Sulzbach, die Leistungen aus einer Hand anbieten wollen. Den Patienten, die mit dem Netzwerk einen Vertrag eingehen, können schnellere Termine und kürzere Wartezeitenangeboten werden. Weil die Budgets der einzelnen Mediziner nicht über die Kassenärztliche Vereinigung, sondern zentral vom Netzwerk verwaltet werden, könne mit mehr Eigenverantwortung gearbeitet werden. Ziel sei, sagte Bahr, „die Stärkung der regionalen Kräfte".

Hausbesuche von der Praxismanagerin

 

Im Gesundheitswesen seien dringend neue Strukturen nötig, meinte der Geschäftsführer. „Ärzte sind dazu erzogen worden, sich um ihre eigene Praxis zu kümmern, alles andere hat sie nicht interessiert. Aber in der Wertschöpfungskette der Gesundheitsversorgung brauchen sie Partner", so Bahr. Unter anderem werde es zu einer Vermischung von Gesundheitsversorgung und Pflege kommen – „also nicht nur die medizinische, sondern auch die soziale Betreuung der Patienten". Auch der Beruf der Fachangestellten werde immer wichtiger. Sie würden sich zu Praxismanagerinnen entwickeln, die Ärzten mehr assistieren als bisher. „Vielleicht erledigen sie später auch einmal Hausbesuche, wenn wir das gesetzlich ermöglichen."

Finanzielle Anreize aus steuerlicher Sicht veranschaulichte der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Arndt Köhnlein den Medizinern. Ihm zufolge werden Gewinne, die nicht aus der Praxis herausgenommen werden, pauschal mit rund 28 Prozent versteuert. Daraus könne sich in einigen Fällen mit der Zeit ein Zinsvorteil ergeben. zudem gebe es für Ärzte einige Möglichkeiten, Mitarbeiter lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei einen Bonus zukommen zu lassen – beispielsweise in Form eines Tankgutscheins von bis zu 44 Euro im Monat. Generell jedoch, meinte Köhnlein, „gibt es keine richtigen Steuersparmodelle, sondern Steuerverschiebungsmodelle".

Organisatorin Christine Krieg, Fachanwältin für Medizinrecht in der Meyerhuber Rechtsanwälte Partnerschaft, zog ein positives Resümee: Das gewählte Thema habe den Nerv der Ärzte auf dem Land getroffen. viele von ihnen hätten Angst um ihre Praxen. „Denn da steckt das Kapital und die Altersversorgung drin", erklärte die Fachanwältin.