Wochenzeitung, 14. März 2020
"Das Gift frisst sich weiter. Expertengespräch in der Feuerbach Akademie zu den PFC-Funden
Ansbach (RED). Mittlerweile ist durch Gutachten festgestellt, dass in Katterbach die Grenzwerte im Grundwasser für PFC massiv überschritten werden. Das Gutachten steht allerdings der Öffentlichkeit bisher nicht zur Verfügung. Anlass genug für die Feuerbach Akademie, der Öffentlichkeit durch ein Expertengespräch die Möglichkeit zu einer umfassenden Information zur Angelegenheit zu geben. Unter Moderation von Rechtsanwalt Dr. Alfred Meyerhuber standen vier Experten den insgesamt 75 Besuchern Rede und Antwort.
André Fitzthum, Vorsitzender der Bürgerinitiative „Etz langt´s" berichtete von den in Katterbach und Umgebung durchgeführten Messungen und den nunmehr bekannten Messwerten. Schon 2014 waren von den Behörden Messungen durchgeführt worden, deren Ergebnisse unter Verschluss gehalten worden. Die dann 2019 durchgeführten Messungen haben die massiven Grenzwertüberschreitungen für PFC bestätigt. Dabei ist zwischen Grund- und Oberflächenwasser zu differenzieren. Hier gibt es verschiedene Grenzwerte. Insbesondere am Milmersbach wurden die Grenzwerte um ein Tausendfaches überschritten. Ursache der Verunreinigungen ist die Verwendung von PFC-haltigem Löschschaum bei Feuerwehrübungen in Katterbach und wohl auch auf dem Urlas-Gelände.
Über die für Mensch und Tier von PFC ausgehenden Gefahren klärte Wolfgang Schmidt aus medizinischer Sicht auf. Problematisch am PFC ist, dass es praktisch nicht vergänglich ist. Jetzt in die Umwelt gelangende Stoffe sind noch in hunderttausenden Jahren vorhanden. Von der Kontamination in Katterbach gehe nur für die direkten Anwohner eine Gefahr für die Gesundheit aus. Die Menge des gefundenen PFC reiche aber, um den Bodensee über die zulässigen Grenzwerte hinaus zu verseuchen. Die Ausbreitung des PFC in der Umwelt gelte es daher unbedingt zu vermeiden.
Dr. Peter Pluschke, Umweltreferent der Stadt Nürnberg, konnte bereits von praktischen Erfahrungen zu PFC-Sanierungen berichten. Auf dem Flughafengelände in Nürnberg sind schon 2008 PFC-Belastungen gefunden worden. Man hat in den letzten Jahren umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Sowohl Wasser als auch Boden werden saniert. Beim Wasser hat man gemeinsam mit den beauftragten Firmen mittlerweile effektive Methoden zur Filterung und Säuberung entwickelt. Beim Boden ist dies viel schwieriger. Hier ist man noch in der Experimentierphase. Jedenfalls sei von Sanierungsprozessen von mehr als zehn Jahren Dauer auszugehen.
Die rechtliche Situation der Betroffenen wurde von Rechtsanwältin Dr. Sylvia Meyerhuber, Fachanwältin für Verwaltungsrecht der meyerhuber rechtsanwälte partnerschaft mbb, erläutert. Sind die Verunreinigung und auch der Verursacher festgestellt, so ist die Situation einfach. Dann können die Behörden Anordnungen zur Sanierung erlassen. In Katterbach bestehe allerdings ein Sonderproblem, da der Verursacher die US-Streitkräfte sind. Sie unterliegen dem NATO-Truppenstatut. Sie seien zwar auch an deutsche Gesetze gebunden, deutsche Behörden könnten allerdings gegenüber den Streitkräften nichts selbst durchsetzen. Es besteht Immunität. Allerdings könnten Betroffene Ansprüche an die BImA richten, die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten. Diese führt dann ein so genanntes Feststellungsverfahren durch, in dem Schadensersatzansprüche der Betroffenen geprüft werden. Die Behörden haben noch andere Möglichkeiten. Auch Eigentümer der betroffenen Grundstücke könnten als so genannte Zustandsstörer herangezogen werden, nicht nur der Verursacher als Handlungsstörer. So könnte die Eigentümerin des Kasernengeländes in Katterbach, die BImA, anstelle der US-Streitkräfte grundsätzlich in Anspruch genommen werden. Genauso kann es allerdings auch den umliegenden Grundstückseigentümern ergehen. Auch wenn die Verunreinigung des Bodens von ihnen nicht verschuldet sei, könnte eine Inanspruchnahme auf Sanierung unter bestimmten Umständen in Betracht kommen. Werden die Behörden nicht tätig und besteht eine Garantenpflicht, so kommt für die Behördenvertreter sogar eine strafrechtliche Haftung in Betracht.
Es waren auch Betroffene anwesend, die von ihren Erfahrungen insbesondere im Umgang mit den Behörden berichteten. Es fehle an Unterstützung, es würde nichts unternommen, Informationen würden zurückgehalten. Rechtsanwalt Dr. Meyerhuber stellte klar, dass die Stadt Ansbach verpflichtet ist, das nunmehr vorliegende Gutachten der US-Armee der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dies gebiete die Informationsfreiheitssatzung der Stadt, aber auch weitere gesetzliche Informationspflichten. Ihm ist die Zurückhaltung des Gutachtens durch die Stadt Ansbach völlig unverständlich. Hier müsse weiter Druck aufgebaut werden. Nur dann bewege sich etwas. Wichtig sei, dass endlich alle Informationen auf den Tisch kommen, damit dann unverzüglich mit der Sanierung begonnen werden könne.
Fränkische Landeszeitung, 28. Februar 2020
Informationen aus Expertenhand. Kasernengift: Vier Fachleute referierten bei einer gut besuchten Veranstaltung in der Feuerbach-Akademie
Ansbach (ve) - Informationen aus Expertenhand gab's bei der Veranstaltung "Das Gift frisst sich weiter - PFC-Verseuchung und kein Ende?" in der vollbesetzten Feuerbach Akademie.
André Fitzthum von der Bürgerinitiative Etz langt's stellte die Messwerte von Weihern und Privatbrunnen vor. So lag die PFC-Belastung des Weiers in Fischhaus mit 4,73 µg um das 47fache über dem Grenzwert.
Der Mediziner Wolfgang Schmidt machte deutlich, dass die 38 kg PFC im Katterbacher Boden reichten, um den gesamten Bodensee zu kontaminierten. Die PFC seien extrem langlebig: "Atommüll ist ein Dreck dagegen." Juristin Dr. Sylvia Meyerhuber erklärte, warum das NATO-Truppenstatut es so schwer macht, die US-Armee juristisch zu belangen. Dr. Peter Pluschke, Umweltreferent der Stadt Nürnberg, skizzierte die seit Jahren laufende, erfolgreiche PFC-Sanierung am Nürnberger Flughafen.
Fränkische Landeszeitung, 2. März 2020
"In letzter Konsequenz kann es die Anwohner treffen". Wer zahlt für die Schäden durch das Kasernengift? - Verwaltungsrechtsexperten Dr. Sylvia Meyerhuber referierte in der Feuerbach Akademie
Ansbach - Jeden Tag, den die per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) aus der Kaserne in Katterbach weiter in den Untergrund sickern, vergrößern sich die Umweltschäden. Wer wird am Ende für die millionenschwere Sanierung von Bächen, Weihern und Brunnen aufkommen? Dr. Sylvia Meyerhuber, Expertin für Verwaltungsrecht, skizzierte die Rechtsfragen auf einem Infoabend in der Feuerbach Akademie.
"Auch in der Kaserne in Katterbach gilt uneingeschränkt deutsches Recht", betonte Dr. Meyerhuber. Gleichzeitig schränkte sie aber ein: "Es gilt aber auch aufgrund des NATO-Truppenstatuts die Immunität des Betreibers, also der US-Armee." Deutsche Behörden und Gerichte könnten das Recht nicht gegenüber der US-Armee durchsetzen. Hintergrund: Staaten seien grundsätzlich gleichberechtigt, deshalb könne ein Staat den anderen nicht einfach seinen Hoheitsrechten unterwerfen. "Das deutsche Recht kann gegenüber der US-Armee nur auf dem Verhandlungsweg durchgesetzt werden."
Die US-Armee sei allerdings laut Truppenstatut auch zur Zusammenarbeit verpflichtet. "Die Militärs müssen deutschen Behörden zum Beispiel Zutritt gewähren, wenn dies nicht Geheimhaltungskonten widerspricht."
Die Behörden seien verpflichtet, die Beseitigung der Umweltschäden umzusetzen. Dazu gehöre auch, den "Störer" zu identifizieren. Störer im Sinne des Verwaltungsrechts sind Personen oder Institutionen, die für die Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verantwortlich sind.
"Die sogenannte Störer-Auswahl soll sich an einer effektiven Gefahrenabwehr orientieren", so Dr. Meyerhuber und gibt ein Beispiel: Bei Deponien liege das Schadensgeschehen oft Jahrzehnte zurück und der ursprüngliche Verursacher sei nicht mehr nachvollziehbar. "Dann greifen die Behörden auf den aktuellen Betreiber oder Eigentümer der Deponie zurück."
Beim Kasernengelände in Katterbach sei die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Eigentümerin greifbar, so Dr. Meyerhuber. Und außerhalb der Kaserne? "In letzter Konsequenz könnte es auch die Anwohner und Grundstückseigentümer treffen", sagt die Fachanwälte für Verwaltungsrecht, die dann verpflichtet werden könnten, die Umweltschäden zu beseitigen.
Deutsche Behörden in die Pflicht nehmen?
Möglicherweise komme aber ein Ausgleichsanspruch der Betroffenen nach dem Bundesbodenschutzgesetz in Betracht. Je länger es dauere, bis die PFC-Verseuchung eingedämmt werde, umso größer werde der Schaden und umso mehr Bürger seien betroffen.
Die Verwaltungsrechtsexpertin rät Betroffenen, prüfen zu lassen, ob die deutschen Behörden wie die Stadt oder das Landratsamt in die Pflicht genommen werden sollten. Bei der Anmeldung von Schadensersatzansprüchen bei der Bundesbehörde BImA gelte es Fristen zu beachten.