Fränkische Landeszeitung, 28. April 2018
„Söder war der Unverhinderbare". SZ-Autor Uwe Ritzer stellt Biografie über neuen Ministerpräsidenten in Ansbach vor
ANSBACH – „Markus Söder – Politik und Provokation": So lautet der Titel der im Droemer-Verlag erschienenen Biografie, die Uwe Ritzer und Roman Deininger über den neuen bayerischen Ministerpräsidenten verfasst haben. Die Autoren der Süd-deutschen Zeitung kommen am Mittwoch, 2. Mai, nach Ansbach, um ihr Buch vorzustellen. Söder stand zwar für lange Gespräche zur Verfügung, habe das Buch aber nicht autorisiert, betont Uwe Ritzer im FLZ-Interview. Der gebürtige Pleinfelder arbeitete früher unter anderem erfolgreich als Redaktionsleiter des Weißenburger Tagblatts.
Herr Ritzer, was hätten Sie gemacht, wenn Markus Söder den Kampf um das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten verloren hätte?
Wir haben zwei Jahre recherchiert und es war klar, dass wir mit der Recherche zum Buch eine Wette auf die Zukunft eingehen. Es wusste ja keiner, ob Söder tatsächlich der starke Mann in der CSU wird. Wir waren allerdings überzeugt davon. Söder war aufgrund seiner politischen Karriere der Unverhinderbare.
Gab es seit dem Erscheinen schon eine persönliche Begegnung zwischen Söder und Ihnen?
Nein, aber seine Sprecherin hat ein Buch für ihn erbeten – signiert von uns. Das hat sie selbstverständlich bekommen.
Also haben Sie noch keine Reaktion von ihm?
Über Umwege haben wir schon Rückmeldungen. Auf der einen Seite schmeichelt es ihm, dass über ihn als Landpolitiker mit 51 Jahren bereits eine Biografie existiert, auf der anderen Seite stehen sicherlich auch ein paar Dinge drin, die ihm so nicht gefallen. Er wird mit dem Buch leben können und müssen.
Was halten Sie persönlich von Söder?
Sagen wir so: Ich verstehe ihn jetzt besser als früher. Ich glaube, man tut ihm Unrecht, wenn man ihn nur darauf reduziert, dass er ein Schaumschläger ist, der Schlagzeilen produziert. Das tut er, das tut er auch schamlos, aber er ist auch jemand, der sich in all seine Ämter mit maximalem Ehrgeiz einarbeitet. Von daher wundert es mich nicht, dass er es geschafft hat. Allerdings ist er kein Visionär, der in 20-Jahre-Kategorien denkt. Er begreift Politik als Managementaufgabe.
Offenbar wollten viele, mit denen Sie über Söder gesprochen haben, ihren Na-men nicht im Buch lesen. War das ein Problem?
Nein. Erstaunlich war etwas anderes: Bis zur Nominierung von Söder im Dezember waren viele, auch prominente Parteimitglieder, sehr offen, haben Kritik geäußert an Söder, haben darüber nachgedacht, ob er die Partei wirklich einen kann. Nach der Nominierung sind viele ganz plötzlich zurückgerudert, haben noch einmal Kontakt mit uns aufgenommen, um sicherzugehen, dass sie ja nicht „falsch" verstanden wurden, oder sie konnten sich an bestimmte Dinge die sie uns ein halbes Jahr vorher erzählt hatten, plötzlich nicht mehr erinnern. Da gab es eine gewisse Beißhemmung.
Wird Söder noch Kanzler?
Er hat bisher noch nie Ambitionen Richtung Berlin erkennen lassen. Aber: Wenn der bayerische Ministerpräsident nach Söders eigenem Bekunden nur zehn Jahre amtieren soll, was macht Söder dann in zehn Jahren? Mit 61 wäre er dann immer noch in einem guten Politiker-Alter. Dass so eine Machtmaschine wie er mit 61 nur noch Tennis spielt, Star-Trek-Filme schaut und einmal in der Woche zum Club geht, halte ich für unwahrscheinlich. Da könnte schon noch eine Aufgabe kommen, die er im Moment selber weit von sich weisen würde. Söder wird aber auf jeden Fall zu einer prägenden konservativen Figur in Deutschland werden.
INTERVIEW: FABIAN HÄHNLEIN
Fränkische Landeszeitung, 4. Mai 2018
Markus Söder – „schamlos clever". Journalisten Uwe Ritzer und Roman Deininger stellten Biographie in Ansbach vor
Ansbach- Er ist besessen von Macht. Er will immer gewinnen. Er lebt für die Politik – und für die Kamera. Und er ist clever. Dieses Bild zeichnen die Journalisten Uwe Ritzer und Roman Deininger in ihrer Biographie über den Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Das Buch stellten sie jetzt in der Ansbacher Feuerbachakademie vor.
„Markus Söder. Da steckt so viel dahinter", sagt Roman Deininger. In ihrer Laufbahn haben die beiden mehrfach ausgezeichneten Journalisten viele Politiker begleitet. Aber keiner war wie Markus Söder, erzählen sie. Kein Charakter hatte „so viele Brüche" und so viele eklatante Stärken im Widerspruch zu den auffallenden Schwächen." und die Redakteure kennen keinen mit einer solchen „Besessenheit" – im Positiven wie im Negativen.
Gerade das habe die Reporter dazu bewegt, ein Buch zu schreiben. Uwe Ritzer ist Wirtschaftskorrespondent für Nordbayern bei der Süddeutschen Zeitung. Er ist vor allem für seine Recherchen im Fall Mollath bekannt sowie für die Enthüllung des ADAC-Manipulationsskandals. An seiner Seite steht Roman Deininger, ebenfalls Reporter bei der Süddeutschen Zeitung. Für sein Söder-Porträt wurde er für den Theodor-Wolff-Preis nominiert.
Im April brachten die Redakteure gemeinsam die Biographie „Politik und Provokation" heraus. Über zwei Jahre haben sie recherchiert und über 100 Gespräche mit „Freunden und Feinden" geführt. Zum Glück haben sie von den Geschichten erfahren, bevor Söder Ministerpräsident war, sagt Deininger. Denn nachdem klar war, dass Markus Söder das Amt übernimmt, wollten viele, die vorher ihre Meinung „aufgedrängt hatten", plötzlich gar nichts mehr sagen. In detailliert beschriebenen Szenen beleuchten die Redakteure viele Seiten des CSU-Politikers.
Und Facetten hat Söder viele, meint Ritzer. Eine davon sei seine übertriebene Imagepflege. Söder könne sehr gut Chef einer Werbeagentur werden, denn bei allem, was er mache, denke er in Bildern. „Er tut viel Gutes, will aber auch dabei gesehen werden", sagt Ritzer. Das untermalt auch eine Szene in der Biographie. Söder geht darin bei einem Besuch im Bierzelt auf die Toilette. Er geht aber nicht einfach nur auf die Toilette, sondern bleibt davor stehen und kramt so lange in seiner Hosentasche herum, bis auch der Letzte im Zelt gesehen hat, dass er der Klofrau Geld gibt.
Ebenso besessen wie von der Presse sei der gebürtige Nürnberger von Macht. „Für ihn ist alles Kampf, er will immer gewinnen", sagt Deininger. Das gelte für jeden noch so kleinen Wortwechsel.
So ist er auch in der Politik von Anfang an zielstrebig. 1983 tritt er in die Junge Union ein. Bis er 1994 dann „einfach durchmarschiert und zum jüngsten Landtagsabgeord-neten aufsteigt", so Ritzer. Dabei habe er selten bis nie die Unterstützung des CSU-Establishments gehabt. Der Gegenwind sei massiv gewesen. Aber er habe es von Anfang an verstanden, sich eine Gefolgschaft zu kultivieren.
„Das Meiste, was Söder tut, tut er aus taktischem Kalkül", sagt Ritzer. Und was sagt Söder zum Buch? „Ich denke, da ist er sehr hin und hergerissen. Einerseits steht da viel drin, was ihm nicht gefällt. Andererseits sagt er stolz in Parteikreisen: Welcher 51-jährige Landespolitiker hat denn schon eine Biographie?"
Und Facetten hat Söder viele, meint Ritzer. Eine davon sei seine übertriebene Imagepflege. Söder könne sehr gut Chef einer Werbeagentur werden, denn bei allem, was er mache, denke er in Bildern. „Er tut viel Gutes, will aber auch dabei gesehen werden", sagt Ritzer. Das untermalt auch eine Szene in der Biographie. Söder geht darin bei einem Besuch im Bierzelt auf die Toilette. Er geht aber nicht einfach nur auf die Toilette, sondern bleibt davor stehen und kramt so lange in seiner Hosentasche herum, bis auch der Letzte im Zelt gesehen hat, dass er der Klofrau Geld gibt.
Ebenso besessen wie von der Presse sei der gebürtige Nürnberger von Macht. „Für ihn ist alles Kampf, er will immer gewinnen", sagt Deininger. Das gelte für jeden noch so kleinen Wortwechsel.
So ist er auch in der Politik von Anfang an zielstrebig. 1983 tritt er in die Junge Union ein. Bis er 1994 dann „einfach durchmarschiert und zum jüngsten Landtagsabgeord-neten aufsteigt", so Ritzer. Dabei habe er selten bis nie die Unterstützung des CSU-Establishments gehabt. Der Gegenwind sei massiv gewesen. Aber er habe es von Anfang an verstanden, sich eine Gefolgschaft zu kultivieren.
„Das Meiste, was Söder tut, tut er aus taktischem Kalkül", sagt Ritzer. Und was sagt Söder zum Buch? „Ich denke, da ist er sehr hin und hergerissen. Einerseits steht da viel drin, was ihm nicht gefällt. Andererseits sagt er stolz in Parteikreisen: Welcher 51-jährige Landespolitiker hat denn schon eine Biographie?"